Überblick
Die wirtschaftliche Erholung im Euroraum fiel Anfang 2024 stärker aus, als in den gesamtwirtschaftlichen Projektionen von Fachleuten der EZB im März 2024 erwartet. Der Außenbeitrag und die steigenden Ausgaben der privaten Haushalte hatten für einen positiven Impuls gesorgt. Die neu verfügbaren Daten lassen darauf schließen, dass sich das Wachstum auf kurze Sicht fortsetzen wird, und zwar in höherem Tempo als zunächst vorausgesehen. Das real verfügbare Einkommen wird voraussichtlich weiter steigen. Vor dem Hintergrund eines kräftigen Lohnwachstums, allmählich wachsenden Vertrauens und sich verbessernder Terms of Trade ist im Verlauf des Jahres 2024 eine konsumgetriebene Erholung zu erwarten. Die belebende Wirkung des Außenbeitrags zum Jahresanfang ist zum Teil der Volatilität geschuldet, der Ende 2023 ein zeitweiliger Rückgang vorausgegangen war. Allerdings dürfte die Auslandsnachfrage weiter zunehmen und das Exportwachstum des Euroraums ankurbeln. Auf mittlere Sicht dürften die negativen Auswirkungen der zurückliegenden geldpolitischen Straffung allmählich abklingen. Dabei dürfte die Konjunktur von der Aussicht auf eine Lockerung der Finanzierungsbedingungen profitieren, die mit den Markterwartungen zur künftigen Zinsentwicklung einhergeht. Zudem wird das Wachstum durch einen robusten Arbeitsmarkt unterstützt werden. Die Arbeitslosenquote wird im späteren Verlauf des Projektionszeitraums auf historische Tiefstände sinken. Mit dem Abklingen einiger zyklischer Faktoren, die das Produktivitätswachstum in jüngerer Vergangenheit gebremst haben, ist im Laufe des Projektionszeitraums ein Anstieg des Produktivitätswachstums zu erwarten. Insgesamt dürfte das durchschnittliche jährliche Wachstum des realen BIP im Jahr 2024 bei 0,9 % liegen. In den Jahren 2025 und 2026 dürfte es dann auf 1,4 % bzw. 1,6 % steigen. Die Aussichten für das BIP-Wachstum für 2024 wurden gegenüber den Projektionen vom März 2024 nach oben korrigiert. Gründe sind die überraschend positiven Entwicklungen zu Jahresbeginn und die verbesserten aktuellen Daten. Für 2025 wurden die Wachstumsaussichten für das BIP geringfügig nach unten korrigiert, für 2026 bleiben sie unverändert.[1]
Die Gesamtinflation wird sich den Projektionen zufolge auf kurze Sicht weitgehend seitwärts bewegen, bevor sie sich weiter abschwächt und im Laufe des Jahres 2025 dem Inflationsziel nahekommt. Hintergrund ist ein Nachlassen des Kostendrucks, auch bei den Löhnen, sowie die verzögerte Wirkung der zurückliegenden geldpolitischen Straffung, die allmählich auf die Verbraucherpreise durchschlägt. Die Gesamtinflation nach dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) dürfte im weiteren Jahresverlauf 2024 eine gewisse Volatilität aufweisen. Grund hierfür sind Basiseffekte und höhere Energierohstoffpreise. Auf mittlere Sicht dürfte sich der Preisauftrieb bei Energie bei niedrigen positiven Raten einpendeln. Dies ergibt sich aus den Markterwartungen für die künftige Entwicklung der Öl- und Gaspreise und aus den geplanten finanzpolitischen Klimaschutzmaßnahmen. Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln war in den letzten Quartalen stark rückläufig, da der Inflationsdruck aufgrund niedrigerer Rohstoffpreise für Energie und Nahrungsmittel nachgelassen hat. Mit Blick auf die Zukunft ist zu erwarten, dass der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln um sein derzeitiges Niveau schwanken und sich ab Ende 2025 weiter abschwächen wird. Die HVPI-Inflation ohne Nahrungsmittel und Energie (HVPIX) dürfte über weite Strecken des Projektionszeitraums oberhalb der Gesamtinflation verharren. Sie dürfte jedoch weiterhin dem disinflationären Pfad folgen, wenn auch langsam und vorwiegend in den Jahren 2025 und 2026. Ein zentrales Element dieser Projektion ist die Erwartung, dass das zunächst noch erhöhte Wachstum der Nominallöhne allmählich nachlässt. Denn der Aufwärtsdruck, der in einem angespannten Arbeitsmarkt vom Inflationsausgleich ausgeht, schwächt sich ab. Die erwartete Erholung des Produktivitätswachstums sollte dazu beitragen, dass der Arbeitskostendruck weiter nachlässt. Darüber hinaus ist insbesondere 2024 eine Abschwächung des Gewinnwachstums zu erwarten, sodass die Weitergabe der Arbeitskosten an die Preise teilweise abgefedert wird. Die jährliche HVPI-Gesamtinflation dürfte von durchschnittlich 5,4 % (2023) auf 2,5 % (2024), 2,2 % (2025) bzw. 1,9 % (2026) zurückgehen. Gegenüber den Projektionen vom März 2024 wurde die HVPI-Inflation für 2024 und 2025 um jeweils 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert. Dies ist in erster Linie auf höhere Preise für Energierohstoffe sowie auf die Tatsache zurückzuführen, dass die aktuellen Daten für die HVPI-Inflation geringfügig höher ausfallen als erwartet. Hinzu kommt, dass der Arbeitskostendruck ein wenig stärker ausfallen dürfte. Zurückzuführen ist dies auf das höhere Lohnwachstum in Verbindung mit einer etwas vorsichtigeren Einschätzung des künftigen Produktivitätswachstums. Die Aussichten für die Gesamtinflation und die HVPI-Inflation für 2026 bleiben unverändert.
Tabelle 1
Projektionen für das Wachstum und die Inflation im Euroraum
(Veränderung gegenüber Vorjahr in %, Korrekturen in Prozentpunkten)
| Juni 2024 | Korrekturen ggü. März 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Reales BIP | 0,6 | 0,9 | 1,4 | 1,6 | 0,1 | 0,3 | -0,1 | 0,0 |
HVPI | 5,4 | 2,5 | 2,2 | 1,9 | 0,0 | 0,2 | 0,2 | 0,0 |
HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel | 4,9 | 2,8 | 2,2 | 2,0 | 0,0 | 0,2 | 0,1 | 0,0 |
Anmerkung: Die Zahlen für das reale BIP beziehen sich auf die Jahresdurchschnittswerte der saison- und arbeitstäglich bereinigten Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
1 Das außenwirtschaftliche Umfeld
Die globale Konjunktur weist Anzeichen einer Erholung auf, wenngleich widrige Faktoren das Wachstum weiterhin hemmen. Aktuelle Daten zur globalen Konjunktur (ohne Euroraum) bestätigen eine ganz allmähliche Erholung seit Jahresbeginn, wobei die harten Daten zunehmend dem von weichen Daten ausgehenden positiven Signal folgen.[2] Das weltweite Wirtschaftswachstum wird jedoch weiterhin durch widrige Faktoren gehemmt. Hierzu zählen die allmähliche Abkühlung der Arbeitsmärkte, eine weitere Abschwächung des Wachstums der Nominallöhne und zurückgegangene überschüssige Ersparnisse in den Industrieländern. Auch die zurückliegende geldpolitische Straffung und die erhöhte wirtschaftliche Unsicherheit vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen dämpfen das Wachstum nach wie vor. In China bleiben die Konsumausgaben angesichts eines in Schwierigkeiten geratenen Wohnimmobiliensektors schwach. Das Wirtschaftswachstum wird indes weiterhin vom verarbeitenden Gewerbe und den Exporten getragen. Die Aussichten für das weltweite Wirtschaftswachstum sind gegenüber den Projektionen vom März 2024 weitgehend unverändert. Für 2024 und 2025 werden jeweils 3,3 % erwartet, für 2026 wird mit 3,2 % gerechnet – etwas weniger als in den letzten zehn Jahren (Table 2).
Tabelle 2
Das außenwirtschaftliche Umfeld
(Veränderung gegenüber Vorjahr in %, Korrekturen in Prozentpunkten)
| Juni 2024 | Korrekturen ggü. März 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Weltweites reales BIP (ohne Euroraum) | 3,5 | 3,3 | 3,3 | 3,2 | 0,0 | -0,1 | 0,1 | 0,0 |
Welthandel (ohne Euroraum)1) | 1,0 | 2,6 | 3,3 | 3,3 | -0,2 | -0,2 | 0,2 | 0,1 |
Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums2) | 0,8 | 2,1 | 3,4 | 3,3 | 0,2 | -0,3 | 0,3 | 0,1 |
Weltweiter VPI (ohne Euroraum) | 5,0 | 4,2 | 3,3 | 2,9 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,1 |
Exportpreise der Wettbewerber in Landeswährung3) | -1,3 | 2,1 | 2,8 | 2,6 | -0,6 | -0,4 | 0,1 | 0,0 |
Anmerkung: Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
1) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Importe.
2) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Importe von Handelspartnern des Euroraums.
3) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Exportdeflatoren von Handelspartnern des Euroraums.
Der Welthandel (ohne Euroraum) dürfte sich 2024 erholen und danach stärker im Einklang mit der globalen Konjunktur wachsen. Nach einer Phase mit einer schwachen Handelsdynamik im Jahr 2023, die auf eine Verlagerung der Nachfrage von Waren hin zu Dienstleistungen nach der Pandemie zurückzuführen war, bestätigen aktuelle Daten, dass sich die Erholung des Welthandels unvermindert fortsetzt und sich die Auswirkungen der Störungen des Schiffsverkehrs im Roten Meer weiterhin in Grenzen halten. Die weltweiten Einfuhren dürften 2024 um 2,6 % zunehmen, bevor ihr Wachstum 2025 und 2026 auf 3,3 % anzieht. Dies stellt verglichen mit vorangegangenen Projektionen kaum eine Veränderung dar. Die Erholung der Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums dürfte im laufenden Jahr mit 2,1 % weniger dynamisch ausfallen. Entscheidend hierfür sind vor allem schwächere Importe einiger der wichtigsten Handelspartner des Euroraums in der zweiten Jahreshälfte 2023 und im ersten Quartal 2024. Dies betrifft u. a. das Vereinigte Königreich sowie Länder in Mittel- und Osteuropa. Da die vierteljährliche Wachstumsdynamik über den Projektionszeitraum hinweg mit der Entwicklung der weltweiten Einfuhren vergleichbar ist, dürfte die Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums im Jahr 2025 um 3,4 % und im Jahr 2026 um 3,3 % zunehmen.
Die Inflation auf globaler Ebene wird den Projektionen zufolge über den Projektionszeitraum hinweg zurückgehen. Aufgrund der schwächer werdenden Auswirkungen der vergangenen Angebotsschocks und der restriktiven Geldpolitik dürfte die am Verbraucherpreisindex (VPI) gemessene Gesamtinflation in den großen Industrie- und Schwellenländern im Jahr 2024 auf 4,2 %, im Jahr 2025 auf 3,3 % und im Jahr 2026 auf 2,9 % zurückgehen. Dieser Ausblick ist weitgehend mit den Projektionen vom März vergleichbar. Die Inflation in den Vereinigten Staaten hingegen ist für dieses Jahr leicht nach oben korrigiert worden, da die Daten für das erste Quartal höher ausfielen als zuvor angenommen. In China bleibt die am VPI gemessene Gesamtinflation vor dem Hintergrund einer schleppenden Binnennachfrage verhalten. Sie dürfte über den Projektionszeitraum hinweg allmählich zunehmen. Das Wachstum der Exportpreise der Wettbewerber des Euroraums in Landeswährung und auf Jahresbasis dürfte im laufenden Jahr in den positiven Bereich zurückkehren und sich im weiteren Verlauf des Projektionszeitraums um den geschätzten langfristigen Durchschnitt einpendeln. Eine Abwärtskorrektur für 2024 gegenüber den März-Projektionen vom ist darauf zurückzuführen, dass der Preisauftrieb bei den Exporten schwächer als zuvor erwartet ausfallen dürfte. Dadurch werden die Auswirkungen der Annahmen bezüglich höherer Rohstoffpreise in der laufenden Projektionsrunde mehr als ausgeglichen.
Kasten 1
Technische Annahmen
Im Vergleich zu den Projektionen vom März 2024 beziehen sich die wichtigsten Änderungen der technischen Annahmen auf höhere Rohstoffpreise, einen höheren effektiven Wechselkurs (wenngleich gegenüber dem US-Dollar geringfügig niedriger) und etwas höhere kurzfristige Zinsen. Die auf Terminkontraktpreisen beruhenden Annahmen bezüglich der Energiepreise wurden nach oben korrigiert (im Zeitraum 2024-2026 im Durchschnitt um 4 % für Öl und um 5 % für Gas). Die auf Terminkontrakten beruhenden Ölpreisannahmen sind weiterhin nach unten gerichtet („Backwardation“) und fallen im Zeitraum 2024-2026 um rund 10 %. Die Gaspreise hingegen werden den Annahmen zufolge 2025 zunächst steigen. Danach sinken sie wieder in den Bereich ihres Niveaus von 2024. Insgesamt wird angenommen, dass das Niveau der Energiepreise Ende 2026 rund 30 % über dem Stand zum Jahresbeginn 2021 liegen wird. Die Preise für die CO2-Emissionszertifikate im EU-Emissionshandelssystem sind gestiegen (im Durchschnitt um rund 17 % im Zeitraum 2024-2026). Die Rohstoffpreise (außer Energie) wurden angesichts der höheren Weltmarktpreise für Nahrungsmittelrohstoffe, insbesondere für Kakao und Kaffee, deutlich nach oben korrigiert. Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar leicht an Wert verloren (um 0,3 %). Grund hierfür waren die anhaltende Stärke der US-Wirtschaft sowie Aufwärtskorrekturen der Erwartungen zum Zinspfad des Offenmarktausschusses der US-Notenbank. In nominaler effektiver Rechnung wertete der Euro jedoch um 0,9 % auf. Dies war auf Schwankungen gegenüber dem japanischen Yen, dem Schweizer Franken, der schwedischen Krone und – in geringerem Maße – dem Pfund Sterling zurückzuführen. Während die EURIBOR-Terminzinskurve nach wie vor einen starken Abwärtsverlauf aufweist, wurden die Annahmen zu den kurzfristigen Zinsen leicht nach oben korrigiert. Die angenommene Entwicklung der langfristigen Zinsen ist weitgehend unverändert.
Tabelle
| Juni 2024 | Korrekturen ggü. März 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Rohstoffe: |
|
|
|
|
|
|
|
|
Ölpreis (in USD/Barrel) | 83,7 | 83,8 | 78,0 | 74,5 | 0,0 | 5,1 | 4,1 | 3,1 |
Erdgaspreise (in EUR/MWh) | 40,6 | 30,8 | 35,4 | 29,9 | 0,0 | 2,8 | 10,4 | 1,3 |
Großhandelspreise für Strom (in EUR/MWh) | 103,5 | 73,0 | 87,7 | 72,8 | 0,6 | -1,9 | 12,0 | 2,1 |
Preise der im EU-EHS gehandelten Emissionszertifikate (in EUR/Tonne) | 83,7 | 66,1 | 71,1 | 73,6 | 0,0 | 12,8 | 18,5 | 19,0 |
Preise für Rohstoffe ohne Energie (in USD) (Veränderung gegen Vorjahr in %) | -12,5 | 11,4 | 3,9 | 0,9 | 0,0 | 10,8 | 1,9 | 0,8 |
Wechselkurse: | ||||||||
EUR/USD-Wechselkurs | 1,08 | 1,08 | 1,08 | 1,08 | 0,0 | -0,2 | -0,3 | -0,3 |
Nominaler effektiver Wechselkurs des Euro (EWK-41) (Q1 1999 = 100) | 121,8 | 124,0 | 124,2 | 124,2 | 0,0 | 0,7 | 0,9 | 0,9 |
Finanzielle Annahmen: | ||||||||
Dreimonats-EURIBOR (in % p. a.) | 3,4 | 3,6 | 2,8 | 2,5 | 0,0 | 0,2 | 0,4 | 0,1 |
Renditen zehnjähriger Staatsanleihen (in % p. a.) | 3,1 | 2,9 | 3,0 | 3,0 | 0,0 | 0,0 | -0,1 | -0,1 |
Anmerkung: Die technischen Annahmen zu den Zinssätzen und Rohstoffpreisen im Euroraum beruhen auf den Markterwartungen; Redaktionsschluss war der 15. Mai 2024. Die Annahmen zu den kurzfristigen Zinsen beruhen auf den Markterwartungen im Hinblick auf den Dreimonats-EURIBOR, die aus den Zinssätzen für Terminkontrakte abgeleitet werden. Die Annahmen zu den nominalen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen im Euroraum beruhen auf den durchschnittlichen Renditen der zehnjährigen Anleihen der Länder, die mit den jährlichen BIP-Zahlen gewichtet werden. Soweit die erforderlichen Daten vorliegen, werden die länderspezifischen nominalen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen als die Rendite der zehnjährigen Benchmark-Anleihen definiert. Diese wird anhand der Pari-Terminzinsen fortgeschrieben, die zum Redaktionsschluss aus den entsprechenden länderspezifischen Zinsstrukturkurven abgeleitet werden. Für die übrigen Länder werden die länderspezifischen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen als die Rendite der zehnjährigen Benchmark-Anleihen definiert. Diese wird anhand eines (zum Redaktionsschluss beobachteten) konstanten Spreads gegenüber der technischen Annahme zu den risikofreien langfristigen Zinssätzen im Euroraum fortgeschrieben. Die Entwicklung der internationalen Rohstoffpreise wird aus den Terminmärkten in den zehn Arbeitstagen bis zum Redaktionsschluss abgeleitet. Als Referenz für die Ölpreise dienen die Kassa- und Terminpreise für Rohöl der Sorte Brent. Die Gaspreise basieren auf den Kassa- und Terminpreisen am Dutch TTF. Die Strompreise basieren auf dem durchschnittlichen Großhandelskassa- und -terminpreis der fünf größten Euro-Länder. Der „synthetische“ Terminpreis für Emissionszertifikate im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (EHS) wird als linear interpolierter Monatsendwert der beiden nächsten EEX EUA Futures abgeleitet. Die monatlichen EHS-Terminpreise werden dann gemittelt, um den Preis auf Jahresbasis zu bestimmen. Es wird angenommen, dass die bilateralen Wechselkurse über den Projektionszeitraum hinweg unverändert auf dem durchschnittlichen Niveau bleiben, das in den zehn Arbeitstagen bis zum Redaktionsschluss verzeichnet worden war. Korrekturen sind bei Niveauunterschieden in Prozent, bei Wachstumsraten in Prozentpunkten und bei finanziellen Annahmen in Prozent per annum angegeben.
2 Realwirtschaft
Die Konjunktur im Euroraum erholte sich im ersten Quartal 2024 unter anderem aufgrund vorübergehender Faktoren (Chart 1).[3] Der Schnellschätzung von Eurostat zufolge lag das vierteljährliche Wachstum im ersten Quartal dieses Jahres bei 0,3 %. Dies war 0,2 Prozentpunkte höher als in den Projektionen vom März erwartet. Der Wert für das Schlussquartal 2023 hingegen wurde um 0,1 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Die überraschend positive Entwicklung im ersten Quartal dürfte mit einer belebenden Wirkung des Außenbeitrags zusammenhängen, der im Schlussquartal 2023 ein zeitweiliger Rückgang vorausgegangen war. Der ungewöhnlich milde Winter begünstigte in einigen Ländern vorübergehend auch die Wohnungsbauinvestitionen. Nach Sektoren aufgeschlüsselt dürfte die Wertschöpfung in der Industrie im ersten Quartal 2024 rückläufig gewesen sein, während sich die Wertschöpfung im Dienstleistungssektor erhöhte.
Getragen durch das steigende Einkommen der privaten Haushalte, eine regere Auslandsnachfrage und eine gewisse Erholung der Unternehmensinvestitionen dürfte das Wachstum des realen BIP im Laufe des Jahres 2024 weiter anziehen. Es wird davon ausgegangen, dass das anhaltende Wachstum des real verfügbaren Einkommens die privaten Konsumausgaben stützt. Diese dürften ab dem zweiten Quartal zum wichtigsten Wachstumstreiber werden. Die Entwicklungen bei den monatlichen Indikatoren – wie das allmählich steigende Vertrauen der Verbraucher, die erneut gestiegenen Indikatoren des Einkaufsmanagerindex für die Aktivität im Dienstleistungssektor und den Auftragseingang bis Mai sowie die Zunahme der Einzelhandelsumsätze im März – stehen mit einer solchen Erholung der Ausgaben der privaten Haushalte im Einklang. Ein robustes Wachstum der Reallöhne vor dem Hintergrund einer angespannten Arbeitsmarktlage, dürfte die Kaufkraft der privaten Haushalte über das gesamte Jahr hinweg stützen. Dazu sollte auch die Erwartung beitragen, dass sich das Vertrauen erholt. Den Projektionen zufolge werden die Unternehmensinvestitionen im Jahresdurchschnitt 2024 weitgehend stagnieren. Im Jahresverlauf ist eine gewisse Erholung zu beobachten. Diese ist in erster Linie auf den nachlassenden, aber weiterhin vorhandenen dämpfenden Effekt der zurückliegenden geldpolitischen Straffung zurückzuführen. Gleichzeitig werden die Unternehmensinvestitionen durch die Erholung der Binnen- und Auslandsnachfrage gestützt, wobei die Auslandsnachfrage auch zu einem Anstieg des Exportwachstums führt. Die Normalisierung des Lagerzyklus dürfte zudem im zweiten Halbjahr 2024 einen neutralen Beitrag zum Wachstum leisten. Zum Jahreswechsel war der Wachstumsbeitrag deutlich negativ ausgefallen. Die kurzfristigen Aussichten für das Wachstum des realen BIP im Euroraum dürften sich erheblich aufhellen. Grund hierfür sind die Auswirkungen der Aktivitäten multinationaler Unternehmen in Irland. Diese Aktivitäten hatte sich im Jahr 2023 negativ ausgewirkt.
Auf mittlere Sicht wird das Wachstum des realen BIP von steigenden Realeinkommen, einer regeren Auslandsnachfrage und dem nachlassenden Effekt der geldpolitischen Straffung getragen. Die stärksten Auswirkungen der geldpolitischen Straffung werden 2024 erwartet, obwohl die Märkte von einer Senkung der Zinssätze ausgehen. Die Rücknahme von finanzpolitischen Stützungsmaßnahmen, die seit 2022 zum Ausgleich der hohen Inflation und der hohen Energiepreise ergriffen wurden, wird sich im Zeitraum 2024 bis 2026 leicht negativ auf das Wachstum auswirken. Zugleich werden die staatlichen Konsum- und Investitionsausgaben einen positiven Beitrag zum BIP-Wachstum leisten.
Es wird erwartet, dass die Finanzierungsbedingungen, insbesondere das hohe Zinsniveau, weiterhin deutlich negative Auswirkungen auf das Wachstum haben werden. Diese werden über den Projektionszeitraum hinweg jedoch abklingen. Die seit Dezember 2021 ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen schlagen weiterhin auf die Realwirtschaft durch. Dies beeinflusst die Wachstumsaussichten, vor allem für 2024.[4] Auf der Grundlage der Markterwartungen zur künftigen Zinsentwicklung (siehe Kasten 1) dürften die negativen Auswirkungen der Geldpolitik auf das Wirtschaftswachstum im Laufe des Jahres 2024 allmählich nachlassen. Diese Effekte sowie das Abklingen der negativen Auswirkungen der seit Ende 2022 beobachteten Verschärfung der Kreditrichtlinien werden die wirtschaftliche Erholung stützen.
Im Vergleich zu den Projektionen vom März 2024 ist das Wachstum des realen BIP für 2024 um 0,3 Prozentpunkte nach oben und für 2025 um 0,1 Prozentpunkte nach unten korrigiert worden; der Wert für 2026 ist unverändert geblieben (Table 3 und Chart 2). Die Korrekturen für 2024 spiegeln die überraschend positive Entwicklung im ersten Quartal des Jahres wider, die auf den Außenhandel und die Verbesserung einiger zukunftsgerichteter Umfrageindikatoren zurückzuführen ist und die etwas negativeren Überhangeffekte infolge des geringeren Wachstums im Schlussquartal 2023 ausglich. Die geringfügige Abwärtskorrektur für 2025 ergibt sich in erster Linie aus einer Abwärtskorrektur der staatlichen Konsumausgaben vor dem Hintergrund eines strafferen finanzpolitischen Kurses.
Abbildung 2
Wachstum des realen BIP im Euroraum – Aufgliederung in die wichtigsten Verwendungskomponenten
a) Projektionen vom Juni 2024 | b) Korrekturen gegenüber den Projektionen vom März 2024 |
---|---|
Anmerkung: Die Daten sind saison- und arbeitstäglich bereinigt. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die vertikalen Linien markieren den Beginn des Projektionszeitraums.
Was die Komponenten des realen BIP betrifft, so dürften die realen privaten Konsumausgaben die Haupttriebfeder des Wirtschaftswachstums sein, getragen durch ein kräftiges Wachstum des realen Einkommens vor dem Hintergrund steigender Löhne und sinkender Inflation, trotz einer relativ hohen Sparquote. Die privaten Konsumausgaben dürften sich im Laufe des Jahres 2024 allmählich erholen und in den Jahren 2025 und 2026 mit Jahreswachstumsraten von 1,6 % bis 1,7 % deutlich über dem vor der Pandemie verzeichneten Durchschnitt von 1,2 % liegen. Ausschlaggebend für diese Erholung ist ein Anstieg des real verfügbaren Einkommens. Dieser in erster Linie auf ein kräftiges Lohnwachstum und ein stabiles Nichtarbeitseinkommen (d. h. Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und finanziellen Vermögenswerten) zurückzuführen. Auf kurze Sicht wird die Sparquote relativ hoch bleiben, wie hochfrequenten weichen Daten zu den künftigen Sparabsichten zu entnehmen ist. Gründe sind die nach wie vor erhöhte, wenngleich abnehmende wirtschaftliche Unsicherheit, hohe Zinssätze und der erschwerte Zugang zu Krediten. Darüber hinaus wird die Sparquote weiterhin durch die in der Regel geringe Neigung gestützt, das Nichtarbeitseinkommen für Konsumausgaben zu verwenden. Auf mittlere Sicht dürfte das Wachstum der realen Einkommen geringer ausfallen, da sich der Aufholprozess bei den Reallöhnen allmählich verlangsamt. Dies dürfte jedoch durch einen Rückgang der Sparquote weitgehend ausgeglichen werden. Da erwartet wird, dass die Unsicherheit und der Inflationsdruck weiter nachlassen und sich das Konsumverhalten allmählich normalisiert, dürfte die Sparquote ab Ende 2024 allmählich sinken. Es wird jedoch projiziert, dass sie über den gesamten Projektionszeitraum hinweg über dem vor der Pandemie verzeichneten Durchschnitt bleiben wird, da höhere Zinsen den privaten Haushalten weiterhin Sparanreize bieten. Darüber hinaus dürften auch Vermögenseffekte die Erholung der privaten Konsumausgaben stützen.
Wohnungsbauinvestitionen werden den Projektionen zufolge im gesamten Jahr 2024 weiter abnehmen. Im Jahresverlauf 2025 dürften sie sich allmählich erholen, da die negativen Auswirkungen der restriktiveren Finanzierungsbedingungen allmählich nachlassen und die Einkommen der privaten Haushalte nach wie vor kräftig steigen. Nachdem die Wohnungsbauinvestitionen drei Quartale in Folge gesunken waren, dürften sie im ersten Quartal 2024 wieder gestiegen sein. Gestützt wurde diese Entwicklung durch den ungewöhnlich milden Winter, insbesondere in Deutschland. Da dieser Sondereffekt nachlässt und die Nachfrage nach Wohnimmobilien schwach bleibt (was durch das Auslaufen eines erheblichen fiskalischen Anreizes in Italien verstärkt wird), dürfte sich der Abwärtstrend bei den Wohnungsbauinvestitionen im zweiten Quartal 2024 fortsetzen. Angesichts der nachlassenden Auswirkungen zurückliegender Anstiege der Hypothekenzinsen, einer Erholung der Wohnimmobilienpreise und des kräftigen Anstiegs der Einkommen der privaten Haushalte dürften sich die Wohnungsbauinvestitionen ab Mitte 2025 jedoch wieder erholen. Insgesamt dürften die Wohnungsbauinvestitionen im Jahr 2026 erstmals seit 2022 auf Jahresbasis wieder zunehmen. Dem war ein weiterer deutlicher Rückgang im Jahr 2024 und ein leichtes Minus im Jahr 2025 vorausgegangen.
Die Unternehmensinvestitionen dürften sich in den kommenden Quartalen erholen. Dies ist auf eine steigende Nachfrage, die nachlassende Belastung durch die ungünstigen Finanzierungsbedingungen, die Crowding-in-Effekte durch Mittel des Programms „Next Generation EU“ (NGEU) und die höheren Investitionen in den grünen und den digitalen Wandel zurückzuführen. Die Unternehmensinvestitionen im Euroraum (ohne die volatilen Daten zu den Investitionen in geistiges Eigentum in Irland) gingen in der zweiten Jahreshälfte 2023 stark zurück. Gründe waren das nachlassende Vertrauen, der Abbau früherer Auftragsüberhänge, niedrigere Innenfinanzierungspuffer und restriktivere Finanzierungsbedingungen. Eine Erholung wird den Projektionen zufolge ab Anfang 2024 eintreten. Dies steht im Einklang mit den Erwartungen hinsichtlich eines Anziehens der Binnen- und Auslandsnachfrage. Crowding-in-Effekte durch Mittel des NGEU-Programms (das in einigen Ländern auf das Ende des Projektionszeitraums verschoben wurde) und die anhaltenden Anstrengungen des privaten Sektors zur Förderung grüner und digitaler Investitionen werden zur Erholung beitragen, ebenso wie die nachlassende Belastung durch die ungünstigen Finanzierungsbedingungen.
Nach einer Phase negativen Wachstums dürfte sich der Handel im Euroraum beleben, da die Exporte mit der Auslandsnachfrage steigen. Die realen Exporte des Euroraums haben sich Schätzungen zufolge im ersten Quartal 2024 stärker erholt, als in den März-Projektionen erwartet. Es wird davon ausgegangen, dass sie über den Projektionszeitraum hinweg weitgehend im Einklang mit der Entwicklung der Auslandsnachfrage zunehmen werden. Im Vergleich zu den Projektionen vom März wurde der Exportmarktanteil über den Projektionszeitraum hinweg nach unten korrigiert. Er dürfte deutlich unter dem vor der Pandemie verzeichneten Niveau verharren. Grund dafür sind die Herausforderungen bei der Wettbewerbsfähigkeit im Zusammenhang mit der vergangenen Aufwertung des Euro und den vergangenen Energieschocks, da der Euroraum stärker von höheren Preisen für Energierohstoffe betroffen ist als seine Handelspartner. Die Importe werden sich den Projektionen zufolge etwas schneller erholen als die Binnennachfrage. Dies ist auf eine Erholung der handelsintensiven Nachfragekomponenten wie etwa die Investitionstätigkeit zurückzuführen. Insgesamt ist von einem neutralen Beitrag des Außenhandels zum Wachstum im Projektionszeitraum auszugehen. Die Terms of Trade dürften sich über den Projektionszeitraum hinweg nur leicht verbessern. Ursächlich dafür ist, dass die Auswirkungen des Energieschocks größtenteils zum Tragen gekommen sind. Ab 2024 wird sich der Leistungsbilanzsaldo den Projektionen zufolge weiter erholen und knapp unter 3 % des BIP, aber leicht über dem vor der Pandemie verzeichneten Durchschnitt (2,6 %) liegen.
Tabelle 3
Projektionen für das reale BIP, den Handel und die Arbeitsmärkte für den Euroraum
(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %; Korrekturen in Prozentpunkten)
| Juni 2024 | Korrekturen ggü. März 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Reales BIP | 0,6 | 0,9 | 1,4 | 1,6 | 0,1 | 0,3 | -0,1 | 0,0 |
Private Konsumausgaben | 0,6 | 1,2 | 1,7 | 1,6 | 0,1 | 0,0 | 0,1 | 0,1 |
Konsumausgaben des Staates | 0,8 | 1,2 | 1,1 | 1,1 | 0,6 | -0,1 | -0,3 | -0,1 |
Investitionen | 1,3 | 0,1 | 1,5 | 2,0 | 0,5 | 0,7 | -0,1 | -0,3 |
Ausfuhren1) | -0,9 | 1,3 | 2,9 | 3,1 | -0,2 | 0,3 | 0,0 | -0,1 |
Einfuhren1) | -1,4 | 0,5 | 3,2 | 3,3 | -0,1 | -0,5 | 0,1 | 0,1 |
Beitrag zum BIP aus: |
|
|
|
|
|
|
|
|
Binnennachfrage | 0,8 | 0,9 | 1,4 | 1,5 | 0,3 | 0,1 | -0,1 | 0,0 |
Außenbeitrag | 0,3 | 0,4 | 0,0 | 0,1 | 0,0 | 0,4 | 0,0 | 0,0 |
Vorratsveränderungen | -0,5 | -0,5 | 0,0 | 0,0 | -0,3 | -0,3 | 0,0 | 0,0 |
Real verfügbares Einkommen | 1,2 | 1,9 | 1,1 | 1,2 | 0,3 | 0,3 | 0,0 | 0,1 |
Sparquote der privaten Haushalte (% des verfügbaren Einkommens) | 14,5 | 15,0 | 14,5 | 14,2 | 0,1 | 0,2 | 0,1 | 0,1 |
Beschäftigung2) | 1,4 | 0,8 | 0,4 | 0,5 | 0,0 | 0,3 | 0,1 | 0,1 |
Arbeitslosenquote | 6,5 | 6,5 | 6,5 | 6,3 | 0,0 | -0,2 | -0,1 | -0,3 |
Leistungsbilanz (% des BIP) | 1,6 | 2,8 | 2,9 | 2,9 | -0,2 | -0,4 | -0,3 | -0,2 |
Anmerkung: Die Zahlen für das reale BIP und seine Komponenten beziehen sich auf saison- und arbeitstäglich bereinigte Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
1) Einschließlich des Handels der Länder des Euroraums untereinander.
2) Beschäftigte.
Der Arbeitsmarkt dürfte robust bleiben, wenngleich sich das Beschäftigungswachstum im Vergleich zu den Vorjahren abschwächen dürfte. Der Schnellschätzung von Eurostat zufolge nahm die Beschäftigung im ersten Quartal 2024 um 0,3 % und damit stärker als gedacht zu (in den März-Projektionen wurde eine konstante Beschäftigung erwartet). Das Beschäftigungswachstum dürfte von 1,4 % im Jahr 2023 auf 0,8 % im Jahr 2024 zurückgehen und sich in den Jahren 2025 und 2026 bei 0,4 % bzw. 0,5 % stabilisieren. Die Beschäftigung fällt gegenwärtig höher aus, als auf Basis der dynamischen Version des Okunschen Gesetzes zu erwarten wäre. Sie dürfte sich jedoch im Laufe des Jahres 2026 dem Niveau annähern, das durch die vom Okunschen Gesetz postulierten Korrelation impliziert wird (Chart 3, Grafik a). Diese Entwicklung spiegelt wider, dass zyklische Faktoren (wie das Horten von Arbeitskräften sowie hohe Gewinne der Unternehmen), die die Beschäftigung in jüngster Zeit stärker als gewöhnlich gestützt haben, allmählich nachlassen dürften.[5] Gegenüber den Projektionen vom März wurde das Beschäftigungswachstum für den Zeitraum 2024 bis 2026 um insgesamt 0,5 Prozentpunkte nach oben korrigiert. Gründe für diesen Anstieg sind die überraschend positive Entwicklung Anfang 2024 und etwas verbesserte Aussichten für die Entwicklung der Erwerbsbevölkerung aufgrund der jüngsten positiven Daten.
Abbildung 3
Beschäftigung und Produktivität
a) Beschäftigung | b) Produktivität (pro beschäftigte Person) |
---|---|
Anmerkung: Grafik a): Das Okunsche Gesetz bezieht sich auf das Beschäftigungsniveau, das mithilfe eines Autoregressive-Distributed-Lag-Modells (1,1) abgeleitet wird. Dabei wird ein Platzhalter für das zweite und dritte Quartal 2020 und das reale BIP aus den Projektionen vom Juni 2024 verwendet. Grafik b): Der Trend der Produktivität wird mithilfe des Durchschnitts der vierteljährlichen Wachstumsraten im Stichprobenzeitraum von 2000 bis 2019 ermittelt. Die vertikalen Linien markieren den Beginn des Projektionszeitraums.
Das Wachstum der Arbeitsproduktivität dürfte sich über den Projektionszeitraum hinweg verstärken. Das Produktivitätsniveau im Jahr 2026 dürfte allerdings deutlich unter dem langfristigen linearen Trend bleiben. Das stärkere Beschäftigungswachstum hat vor dem Hintergrund eines vergleichsweise verhaltenen Wachstums des realen BIP dazu geführt, dass das Produktivitätswachstum in jüngster Zeit gedämpft ausfiel. Über den Projektionszeitraum hinweg wird mit einer Erholung der Produktivität gerechnet. Gegenüber den Projektionen vom März hat es eine leichte Abwärtskorrektur gegeben. Das Produktivitätswachstum scheint mit 1,0 % im Jahr 2025 und 1,1 % im Jahr 2026 vergleichsweise stark zu sein – fast doppelt so hoch wie im historischen Durchschnitt (2000-2019). Allerdings sollten diese Zahlen vor dem Hintergrund des besonders niedrigen durchschnittlichen Jahreswachstums von -0,1 % seit der Pandemie (2020-2023) betrachtet werden. Dies spiegelt sich auch im Produktivitätsniveau wider, das deutlich hinter dem zurückbleibt, was der historische Wachstumstrend impliziert. Dabei wird die vor der Pandemie verzeichnete durchschnittliche Jahreswachstumsrate von 0,6 % als Referenzgröße herangezogen (Chart 3, Grafik b).
Die Arbeitslosenquote dürfte bis Ende 2025 vergleichsweise stabil bleiben und 2026 weiter auf einen neuen historischen Tiefstand zurückgehen (Chart 4). Es wird erwartet, dass sie sich 2024 und 2025 um einen Wert von 6,5 % bewegt und 2026 auf einen Rekordtiefstand von 6,3 % zurückgeht. Die Arbeitslosenquote wurde über den Projektionszeitraum hinweg um durchschnittlich 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Grund sind unter anderem positivere aktuelle Daten und etwas robustere Beschäftigungsaussichten.
3 Haushaltsaussichten
Der finanzpolitische Kurs im Euroraum dürfte über den Projektionszeitraum hinweg gestrafft werden, insbesondere im Jahr 2024 (Table 4).[6] Eine überraschende Abwärtstendenz beim Haushaltsergebnis 2023 ist hauptsächlich dadurch zu erklären, dass der finanzpolitische Kurs gegenüber den Schätzungen vom März 2024 um 0,3 BIP-Prozentpunkte gelockert wurde. Dies ist vor allem auf das unerwartet hohe Ausgabenwachstum zurückzuführen. Den Projektionen zufolge wird der finanzpolitische Kurs 2024 eine deutliche Straffung erfahren, vor allem aufgrund der Rücknahme eines Großteils der energie- und inflationsbezogenen Stützungsmaßnahmen. Für 2025 und 2026 wird eine weitere, wenn auch deutlich langsamere Straffung des finanzpolitischen Kurses erwartet. Gründe hierfür sind eine weitere Verringerung der verbleibenden energiebezogenen Stützungsmaßnahmen im Jahr 2025, ein langsameres Wachstum der Subventionen und sonstigen Transferleistungen sowie einige Maßnahmen auf der Einnahmenseite. Diese Effekte dürften teilweise durch einen begrenzten Anstieg der staatlichen Investitionen ausgeglichen werden. Neben diesen diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen dürften nichtdiskretionäre Faktoren – darunter unerwartete Mehr- bzw. Mindereinnahmen – nach starken Schwankungen in den letzten Jahren relativ begrenzte Auswirkungen auf den geldpolitischen Kurs über den Projektionszeitraum hinweg haben. Gegenüber den Projektionen vom März 2024 dürfte der finanzpolitische Kurs im Euroraum für 2025 und 2026 eine etwas stärkere Straffung erfahren. Dies ist in erster Linie auf ein weniger dynamisches Ausgabenwachstum zurückzuführen. Hierin spiegelt sich zum Teil wider, dass die Verfehlung der haushaltspolitischen Ziele 2023 vorübergehender Natur war.
Tabelle 4
Finanzpolitische Aussichten für den Euroraum
(in Prozent des BIP, Korrekturen in Prozentpunkten)
| Juni 2024 | Korrekturen ggü. März 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Finanzpolitischer Kurs1) | -0,1 | 0,7 | 0,3 | 0,3 | -0,3 | 0,0 | 0,2 | 0,2 |
Öffentlicher Finanzierungssaldo | -3,6 | -3,1 | -2,8 | -2,6 | -0,4 | -0,2 | 0,0 | 0,2 |
Struktureller Haushaltssaldo2) | -3,6 | -3,0 | -2,7 | -2,6 | -0,4 | -0,3 | -0,2 | 0,1 |
Bruttoverschuldung der öffentlichen Haushalte | 88,5 | 88,4 | 88,6 | 88,6 | 0,2 | -0,1 | 0,1 | -0,1 |
1) Die Messgröße für den finanzpolitischen Kurs ist die Veränderung des konjunkturbereinigten Primärsaldos nach Abzug der staatlichen Stützungsmaßnahmen für den Finanzsektor. Die abgebildeten Zahlen sind auch um die Zuschüsse aus dem Programm Next Generation EU (NGEU) auf der Einnahmenseite bereinigt. Eine negative (positive) Zahl impliziert eine Lockerung (Straffung) des finanzpolitischen Kurses.
2) Berechnet als öffentlicher Finanzierungssaldo, bereinigt um vorübergehende Effekte des Konjunkturzyklus und um Maßnahmen, die laut Definition des Europäischen Systems der Zentralbanken als befristet einzustufen sind.
Der Finanzierungssaldo des Euroraums dürfte sich über den gesamten Projektionszeitraum hinweg verbessern. Die Schuldenquote wird sich den Projektionen zufolge unterdessen weitgehend stabilisieren. Nachdem das Defizit des Euroraums im Jahr 2023 höher ausgefallen war als erwartet, wird es den Projektionen zufolge zurückgehen. 2025 dürfte es unter den Referenzwert von 3 % des BIP fallen. Dies ist in erster Linie auf einen Rückgang des konjunkturbereinigten Primärdefizits über den gesamten Projektionszeitraum und insbesondere im Jahr 2024 zurückzuführen. Dieser dürfte den Anstieg der Zinsausgaben überwiegen. Gegenüber den Projektionen vom März 2024 wurde der Finanzierungssaldo für 2024 nach unten korrigiert (d. h. es wird ein höheres Defizit erwartet). Dies ist in erster Linie auf Basiseffekte aus dem Jahr 2023 zurückzuführen. Allerdings dürfte der Finanzierungssaldo 2026 etwas über den März-Projektionen liegen (d. h. ein geringeres Defizit aufweisen). Darin spiegelt sich eine Aufwärtskorrektur des konjunkturbereinigten Primärsaldos und eine bessere zyklische Komponente wider. Die Schuldenquote des Euroraums dürfte sich über den Projektionszeitraum hinweg weitgehend stabilisieren, da kontinuierliche (wenn auch rückläufige) Primärdefizite und positive Deficit-Debt-Adjustments durch günstige (negative) Zins-Wachstums-Differenzen ausgeglichen werden. Im Vergleich zu den Projektionen vom März 2024 fällt die Schuldenquote für 2024 etwas niedriger aus. Dabei wird der ungünstige Basiseffekt aus dem Jahr 2023 durch eine deutlich günstigere Zins-Wachstums-Differenz aufgrund von Aufwärtskorrekturen beim nominalen BIP-Wachstum mehr als ausgeglichen. Die Schuldenquote wurde für 2026 leicht nach unten korrigiert. Grund hierfür ist vor allem der verbesserte Primärsaldo.
4 Preise und Kosten
Die HVPI-Gesamtinflation wird sich den Projektionen zufolge 2024 weitgehend seitwärts entwickeln, bevor sie 2025 auf 2,2 % und 2026 auf 1,9 % zurückgeht (Chart 5). Die HVPI-Gesamtinflation sank von durchschnittlich 5,4 % im Jahr 2023 auf 2,4 % im April 2024. Es wird erwartet, dass sie sich in den kommenden Quartalen um einen Wert von 2½ % bewegt. Dabei ist eine gewisse Volatilität in erster Linie auf Basiseffekte bei den Energiepreisen zurückzuführen. Die HVPIX-Inflation dürfte sich nur sehr langsam abschwächen, wobei es im restlichen Jahresverlauf 2024 kaum Veränderungen geben wird. Die Persistenz der HVPIX-Inflation, die über den Projektionszeitraum hinweg weiterhin oberhalb des historischen Durchschnitts liegen wird, spiegelt in erster Linie eine langsam nachlassende Teuerung bei den Dienstleistungen wider. Auch der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln dürfte erst im späteren Verlauf des Projektionszeitraums weiter zurückgehen. Zudem wird der Preisauftrieb bei Energie zumeist einen leicht positiven Beitrag zur HVPI-Inflation leisten. Diese beiden Faktoren implizieren somit einen langsamen Abbau der Gesamtinflation. Sie dürfte im vierten Quartal 2025 (ein Quartal später als in den März-Projektionen) das Inflationsziel von 2 % erreichen.
Tabelle 5
Preis- und Kostenentwicklung für den Euroraum
(Veränderung gegenüber Vorjahr in %, Korrekturen in Prozentpunkten)
Juni 2024 | Korrekturen ggü. März 2024 | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
HVPI | 5,4 | 2,5 | 2,2 | 1,9 | 0,0 | 0,2 | 0,2 | 0,0 |
HVPI ohne Energie | 6,3 | 2,8 | 2,3 | 2,1 | 0,0 | 0,1 | 0,1 | 0,1 |
HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel | 4,9 | 2,8 | 2,2 | 2,0 | 0,0 | 0,2 | 0,1 | 0,0 |
HVPI ohne Energie, Nahrungsmittel und Änderungen indirekter Steuern | 5,0 | 2,7 | 2,2 | 2,0 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,0 |
HVPI für Energie | -2,0 | -0,8 | 1,0 | 0,3 | 0,0 | 0,8 | 0,5 | -0,3 |
HVPI für Nahrungsmittel | 10,9 | 3,0 | 2,7 | 2,2 | 0,0 | -0,2 | 0,4 | -0,1 |
BIP-Deflator | 6,0 | 3,3 | 2,4 | 2,0 | 0,1 | 0,4 | 0,1 | 0,1 |
Importdeflator | -2,9 | -0,2 | 2,0 | 1,9 | 0,1 | 0,2 | -0,4 | -0,3 |
Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer | 5,2 | 4,8 | 3,5 | 3,2 | -0,1 | 0,3 | -0,1 | 0,2 |
Produktivität je Arbeitnehmer | -0,9 | 0,1 | 1,0 | 1,1 | -0,1 | 0,0 | -0,2 | -0,1 |
Lohnstückkosten | 6,1 | 4,7 | 2,5 | 2,1 | -0,1 | 0,3 | 0,2 | 0,4 |
Stückgewinne1) | 6,2 | 0,1 | 1,9 | 1,6 | 0,4 | 1,1 | -0,1 | -0,5 |
Anmerkung: Das BIP und die Importdeflatoren, die Lohnstückkosten, das Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer und die Arbeitsproduktivität beziehen sich auf saison- und arbeitstäglich bereinigte Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
1) Die Stückgewinne sind definiert als Bruttobetriebsüberschuss und Selbständigeneinkommen (bereinigt um das Arbeitseinkommen der Selbstständigen) je Einheit des realen BIP.
Nach einer gewissen Volatilität in den kommenden Quartalen dürfte der Preisauftrieb bei Energie auf mittlere Sicht gedämpft bleiben, da der angenommene Rückgang der Preise für Energierohstoffe zum Teil durch finanzpolitische Klimaschutzmaßnahmen ausgeglichen wird. Der Preisauftrieb bei Energie dürfte im zweiten Quartal 2024 wieder in den positiven Bereich zurückkehren. Gründe hierfür sind aufwärtsgerichtete Basiseffekte, das Auslaufen staatlicher Maßnahmen zum Ausgleich hoher Energiepreise und der jüngste Anstieg der Rohölpreise. Die für April 2024 bis März 2025 erwartete Verschiebung des Preisauftriebs bei Energie hin zu höheren Werten ist größtenteils auf aufwärtsgerichtete Basiseffekte zurückzuführen. Darüber hinaus wird das Auslaufen von energie- und inflationsbezogenen finanzpolitischen Ausgleichsmaßnahmen im Zeitraum von Dezember 2023 bis Februar 2025 Schätzungen zufolge 0,4 Prozentpunkte (2024) bzw. 0,1 Prozentpunkte (2025) zur Gesamtinflation beitragen. Sobald diese Basiseffekte und die Auswirkungen der Rücknahme energiebezogener finanzpolitischer Maßnahmen nachlassen, deuten abwärtsgerichtete Terminkurven der Rohstoffpreise für Energie, die teilweise durch einen gewissen Aufwärtsdruck aufgrund finanzpolitischer Klimaschutzmaßnahmen ausgeglichen werden, nur auf sehr geringe positive Beiträge der HVPI-Energiepreisinflation in den Jahren 2025 und 2026 (Chart 6) hin.[7]
Die Teuerung bei Nahrungsmitteln dürfte auf kurze Sicht weitgehend stabil bleiben und anschließend leicht zurückgehen. Grund ist, dass der von früheren Erhöhungen der Vorleistungskosten ausgehende Inflationsdruck nachlässt. Die Teuerung bei Nahrungsmitteln schwächte sich in den ersten Monaten des laufenden Jahres weiter ab. Sie lag im April bei 2,8 %, verglichen mit durchschnittlich 10,9 % im Jahr 2023. Dies war auf die Entwicklung bei den beiden Komponenten – verarbeitete und unverarbeitete Nahrungsmittel – zurückzuführen. Ausschlaggebend hierfür war vor allem ein Nachlassen des Inflationsdrucks angesichts niedrigerer Preise für Energie und Nahrungsmittelrohstoffe. Nach der Seitwärtsbewegung, die für den weiteren Jahresverlauf sowie weite Strecken des Jahres 2025 erwartet wird, geht die Teuerung bei Nahrungsmitteln den Projektionen zufolge weiter leicht zurück, auf durchschnittlich 2,2 % im Jahr 2026. Grund hierfür sind die verzögerten Auswirkungen des anhaltend dynamischen Arbeitskostendrucks in den letzten beiden Jahren des Projektionszeitraums.
Die HVPIX-Inflation dürfte allmählich zurückgehen und 2026 bei 2,0 % liegen, was in erster Linie einem moderaten Rückgang der Teuerung bei den Dienstleistungen zuzuschreiben ist (Chart 7). Die Teuerung bei den Industrieerzeugnissen ohne Energie sank von durchschnittlich 5,0 % im Jahr 2023 auf 0,9 % im April 2024. Der Rückgang der Teuerung bei den Dienstleistungen fiel hingegen moderater aus (von 4,9 % im Jahr 2023 auf 3,7 % im April 2024). Der seit Anfang 2024 zu beobachtende Rückgang der Teuerung bei den Industrieerzeugnissen ohne Energie ergibt sich aus nachlassenden aufwärtsgerichteten Effekten von Lieferengpässen, indirekten Effekten vergangener Erhöhungen der Energie- und Nahrungsmittelpreise sowie dem anhaltenden dämpfenden Einfluss der geldpolitischen Straffung. In den Projektionen werden lediglich geringfügige Auswirkungen der geopolitischen Spannungen im Nahen Osten (u. a. die Störungen des Schiffsverkehrs im Roten Meer) auf die Teuerung bei Waren berücksichtigt. Dies steht im Einklang mit dem geringen Anteil der Frachtkosten an den gesamten Warenkosten, ihrem bislang relativ begrenzten Anstieg sowie der Tatsache, dass diese Kosten auf längerfristigen Verträgen beruhen. Auf mittlere Sicht hängt der Rückgang der HVPIX-Inflation in erster Linie mit der nachlassenden Teuerung bei den Dienstleistungen zusammen, da die nach der Pandemie verzeichneten Wiederöffnungseffekte abklingen und der dämpfende Einfluss der geldpolitischen Straffung nach wie vor zum Tragen kommt. Ein rascherer Rückgang des Preisauftriebs bei den Dienstleistungen dürfte durch einen rückläufigen, aber immer noch erhöhten Aufwärtsdruck gehemmt werden, der von der Arbeitskostenentwicklung ausgeht.
Gegenüber den Projektionen vom März 2024 wurden die Aussichten für die HVPI-Gesamtinflation für 2024 und 2025 um 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert. Dies ist in erster Linie auf Aufwärtskorrekturen der HVPI-Inflation für Energie und der HVPIX-Inflation zurückzuführen. Für 2026 bleiben die Aussichten unverändert (Chart 8). Die Aufwärtskorrektur der HVPI-Inflation für Energie im Jahr 2024 ist vor allem auf höhere Preise für Energierohstoffe und in geringerem Maße auf Änderungen bei Steuern sowie bei Netz- und Verteilungsgebühren zurückzuführen. Die Aufwärtskorrektur der HVPIX-Inflation ergibt sich aus unerwarteten Daten in den letzten Monaten, die vor allem durch die höhere HVPI-Inflation bei Dienstleistungen zustande gekommen sind. Diese Aufwärtskorrekturen werden teilweise durch eine Abwärtskorrektur der im HVPI erfassten Nahrungsmittelpreise ausgeglichen. Das geht darauf zurück, dass die jüngsten Daten niedriger ausfielen als erwartet. Für 2025 wurde die Teuerung bei Nahrungsmitteln nach oben korrigiert, da der von den Energie- und Arbeitskosten ausgehende Inflationsdruck höher ausfiel als zuvor erwartet. Später im Projektionszeitraum spiegelt die Aufwärtskorrektur der HVPIX-Inflation auch das Durchwirken der höheren Lohnstückkosten wider. Die Gesamtinflation für 2026 bleibt unverändert, da geringfügige Aufwärtskorrekturen der HVPIX-Inflation durch geringfügige Abwärtskorrekturen der Teuerung bei Nahrungsmitteln und Energie ausgeglichen werden.
Das Wachstum der Nominallöhne wird den Projektionen zufolge zwar allmählich zurückgehen, aber auf erhöhtem Niveau bleiben, sodass die Reallöhne wieder das Niveau erreichen können, das vor dem Inflationsschub herrschte (Chart 9). Die Jahreswachstumsrate des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer lag im vierten Quartal 2023 bei 4,7 %. 2024 wird sie den Projektionen zufolge bei durchschnittlich 4,8 % liegen, wobei im Jahresverlauf eine gewisse Volatilität zu erwarten ist. Anschließend dürfte sich die Rate über den Projektionszeitraum hinweg weiter rückläufig entwickeln. Aufgrund der nach wie vor angespannten Lage an den Arbeitsmärkten, des Inflationsausgleichs und der Anhebung der Mindestlöhne wird er indes wohl weiterhin über dem historischen Niveau liegen. Sowohl die Tariflöhne als auch die Lohndrift dürften stärker zum Wachstum des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer beitragen als vor der Pandemie. Die Tariflöhne dürften 2024 etwas stärker ansteigen, bevor sich das Wachstum allmählich abschwächt. Einem länger anhaltenden Beitrag der Lohndrift liegt dabei die angespannte Lage an den Arbeitsmärkten zugrunde. Für 2026 wird mit einem Anstieg des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer um 3,2 % gerechnet. Damit liegt es geringfügig über der Summe aus dem projizierten Produktivitätswachstum und der HVPI-Inflation. Gegenüber den Projektionen vom März wurde die Steigerungsrate des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer für die Jahre 2024 und 2026 leicht nach oben korrigiert. Diese Aufwärtskorrektur spiegelt die Auswirkungen neu verfügbarer Daten, eine etwas bessere konjunkturelle Lage und eine höhere Lohndrift wider. Sie steht im Einklang mit einer angespannteren Arbeitsmarktlage, insbesondere gegen Ende des Projektionszeitraums. Die Reallöhne dürften im dritten Quartal 2024 wieder auf das Niveau von Anfang 2022 zurückkehren, und damit ein Quartal früher als in den Projektionen vom März 2024 angenommen.
Das Wachstum der Lohnstückkosten wird den Projektionen zufolge deutlich zurückgehen. Das Wachstum der Lohnstückkosten dürfte 2023 mit durchschnittlich 6,1 % seinen Höchststand erreicht haben. Es wird erwartet, dass es im Jahr 2026 drastisch auf 2,1 % zurückgehen wird. Zwar profitiert es von dem projizierten Anstieg des Produktivitätswachstums in Verbindung mit einem rückläufigen Lohnwachstum, es wird aber deutlich über dem vor der Pandemie verzeichneten Durchschnitt von 1,5 % liegen. Gegenüber den von Fachleuten der EZB erstellten Projektionen vom März wurde das Wachstum der Lohnstückkosten vor allem für die Jahre 2025 und 2026 nach oben korrigiert. Darin spiegeln sich die Aufwärtskorrektur des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer und eine Abwärtskorrektur des Produktivitätswachstums wider.
Der am Wachstum des BIP-Deflators gemessene binnenwirtschaftliche Preisdruck wird den Projektionen zufolge allmählich weiter nachlassen, wobei das Gewinnwachstum zunächst als Puffer für einen hohen Arbeitskostendruck dienen und sich anschließend erholen dürfte (Chart 10). Die Jahreswachstumsrate des BIP-Deflators wird den Projektionen zufolge im Laufe des Jahres 2024 weiter rasch sinken und 2024 durchschnittlich 3,3 % betragen. Danach wird sie langsamer zurückgehen, auf durchschnittlich 2,0 % im Jahr 2026. Das Wachstum der Stückgewinne erreichte Anfang 2023 seinen Höchststand und hat sich seither verlangsamt. Hierbei lag der Wert im vierten Quartal 2023 unter den Erwartungen der März-Projektionen. Es dürfte im Jahresverlauf 2024 deutlich hinter dem Wachstum der Lohnstückkosten zurückbleiben. Dies impliziert, dass die Gewinnmargen als Puffer für das relativ kräftige Wachstum der Arbeitskosten wirken. Sobald der Anstieg der Lohnstückkosten nachlässt, dürfte sich das Wachstum der Stückgewinne ab 2025 wieder etwas beleben. Hierzu dürften eine Konjunkturerholung und ein anziehendes Produktivitätswachstum beitragen. Im Vergleich zu den März-Projektionen wurde das Wachstum des BIP-Deflators für 2024 nach oben korrigiert. Grund waren überraschend positive Daten für das erste Quartal 2024. Dies dürfte einem deutlich höheren Anstieg der Stückgewinne geschuldet sein. Auch für die Jahre 2025 und 2026 wurde das Wachstum des BIP-Deflators geringfügig nach oben korrigiert. Grund hierfür ist ein höheres Wachstum der Lohnstückkosten, das 2026 teilweise durch Abwärtskorrekturen der Stückgewinne ausgeglichen wird.
Der Auftrieb bei den Importpreisen dürfte sich nach einer negativen Jahreswachstumsrate im Jahr 2024 in den späteren Jahren des Projektionszeitraums in etwa um 2 % bewegen. Das Wachstum des Importdeflators dürfte sich von -2,9 % im Jahr 2023 auf -0,2 % im Jahr 2024, 2,0 % im Jahr 2025 und 1,9 % im Jahr 2026 erhöhen. Dies entspricht weitgehend dem Muster der Projektionen für die Exportpreise der Wettbewerber und der Energiepreisentwicklung (siehe Abschnitt 1 und Kasten 2).
Abbildung 10
Binnenwirtschaftlicher Preisdruck
a) BIP-Deflator und seine Komponenten | b) BIP-Deflator und seine Komponenten – Korrekturen gegenüber den Projektionen vom März 2024 |
---|---|
Anmerkung: Die vertikale Linie markiert den Beginn des aktuellen Projektionszeitraums.
5 Sensitivitäts- und Szenarioanalysen
Divergierende Entwicklungen der Energiepreise
Die künftige Entwicklung der Preise für Energierohstoffe ist sehr ungewiss, und divergierende Entwicklungen der Rohstoffpreise für Öl und Gas hätten erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftsaussichten, insbesondere auf die Inflation. Die Projektionen beruhen auf den in Kasten 1 dargelegten technischen Annahmen. In dieser Sensitivitätsanalyse werden divergierende ab- bzw. aufwärtsgerichtete Entwicklungen aus dem 25. und 75. Perzentil der optionsbasierten neutralen Dichten für die Öl- und Gaspreise abgeleitet.[8] Die Verteilung sowohl der Öl- als auch der Gaspreise lässt darauf schließen, dass die in den Projektionen vom Juni 2024 enthaltenen technischen Annahmen Aufwärtsrisiken unterliegen (Chart 11). Zudem wird sowohl für Öl- als auch für Gaspreise eine Annahme konstanter Preise berücksichtigt. In jedem Fall wird ein synthetischer Energiepreisindex (ein gewichteter Durchschnitt der Öl- und Gaspreisentwicklung) berechnet. Zudem werden die Auswirkungen der divergierenden Entwicklungen anhand einer Reihe von in den Projektionen verwendeten makroökonomischen Modellen der EZB und des Eurosystems untersucht. Die durchschnittlichen Auswirkungen auf das Wachstum des realen BIP und die HVPI-Inflation für diese Modelle sind Table 6 zu entnehmen.
Tabelle 6
Auswirkungen divergierender Energiepreisentwicklungen
Entwicklungsverlauf 1: | Entwicklungsverlauf 2: | Entwicklungsverlauf 3: | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | |
(Abweichung vom Basisszenario in %) | |||||||||
Ölpreis | -2,9 | -10,9 | -15,8 | 10,3 | 19,5 | 23,9 | 1,3 | 7,7 | 12,8 |
Gaspreis | -12,7 | -20,6 | -19,1 | 16,3 | 27,8 | 33,4 | -4,9 | -15,1 | 0,4 |
Synthetischer Energiepreisindex | -10,6 | -16,0 | -16,0 | 13,9 | 22,9 | 24,3 | -0,6 | -0,4 | 8,7 |
(Abweichungen von den Wachstumsraten im Basisszenario in Prozentpunkten) | |||||||||
Wachstum des realen BIP | -0,1 | 0,1 | 0,0 | 0,0 | -0,2 | -0,1 | 0,0 | 0,0 | 0,0 |
HVPI-Inflation | -0,2 | -0,4 | -0,2 | 0,4 | 0,7 | 0,4 | 0,0 | 0,0 | 0,2 |
Anmerkung: Bei dieser Sensitivitätsanalyse wird ein synthetischer Energiepreisindex verwendet, der die Preise für Öl- und Gasterminkontrakte kombiniert. Das 25. und das 75. Perzentil beziehen sich auf die optionsbasierten neutralen Dichten für die Öl- und Gaspreise am 15. Mai 2024. Die konstanten Öl- und Gaspreise nehmen ihren jeweiligen Wert zum selben Zeitpunkt an. Die makroökonomischen Auswirkungen werden als Durchschnittswerte aus einigen von Fachleuten der EZB bzw. des Eurosystems verwendeten makroökonomischen Modellen ausgewiesen.
Kasten 2
Könnte China Disinflation exportieren?
In diesem Kasten werden alternative Szenarien der Wirtschaftspolitik Chinas zur Förderung des Binnenwachstums erörtert. Es wird der Frage nachgegangen, ob China letztlich Disinflation in den Euroraum und die Vereinigten Staaten exportieren könnte. In den gesamtwirtschaftlichen Projektionen von Fachleuten des Eurosystems vom Juni 2024 wird vorausgesagt, dass sich das Wachstum in China im Laufe des Projektionszeitraums unter dem Druck der Krise im Immobiliensektor allmählich verlangsamt. Das verarbeitende Gewerbe hingegen expandiert bislang aufgrund politischer Stützungsmaßnahmen. Denn trotz hoher Lagerbestände und sinkender Kapazitätsauslastung werden weiterhin Kredite vergeben. Hinzu kommt, dass der Exportmarktanteil Chinas (nach Volumen) weiterhin oberhalb des vor der Pandemie erreichten Niveau verharrt (Abbildung A). Ursprünglich war dies darauf zurückzuführen, dass sich der globale Konsum infolge der Pandemie von Dienstleistungen hin zu Waren verschob und China im weltweiten Warenhandel allgemein und insbesondere bei Produkten, die während der Pandemie stark nachgefragt waren, eine führende Stellung einnahm. Doch obwohl diese pandemiebedingten Effekte auf globaler Ebene nicht mehr bestehen, ist Chinas Marktanteil seit Anfang 2023 um etwa 18 % gestiegen. Zugleich sind die Preise seiner Ausfuhren weiter gesunken. Darin unterscheidet sich China sowohl von der US-Wirtschaft, deren Marktanteil wieder dem Stand vor der Pandemie entspricht, als auch vom Euroraum, der die seit 2020 verzeichneten Marktanteileinbußen noch nicht vollständig wettmachen konnte.
Abbildung A
Exportmarktanteile
Der Euroraum unterhält engere Handelsbeziehungen zu China als die Vereinigten Staaten. Was die Importe anbelangt, so haben die Vereinigten Staaten die Einfuhren chinesischer Waren von 2,8 % ihres BIP in den frühen 2010er-Jahren auf 2,3 % des BIP im Zeitraum 2019-2020 reduziert. Sie waren früher stärker von China abhängig als der Euroraum. Die Einfuhren chinesischer Waren in den Euroraum hingegen entwickelten sich in entgegengesetzter Richtung und betrugen zuletzt 3,5 % des BIP. Was die Exporte anbelangt, so ist der Euroraum weiterhin stärker von Ausfuhren nach China abhängig als die Vereinigten Staaten. Die Exporte nach China beliefen sich für den Euroraum auf 2,5 % des BIP, für die Vereinigten Staaten auf 1,1 % des BIP.
Im Zusammenhang mit den Basisprojektionen vom Juni 2024 für das Wachstum in China werden drei Szenarien ausgewertet: i) ein Aufwärtsszenario, in dem China durch günstige Kredite an das verarbeitende Gewerbe ein stärkeres Wachstum erzielt und so die Binnen- und Auslandsnachfrage durch eine Verbilligung der Ausfuhren ankurbelt; (ii) ein Abwärtsszenario, in dem eine geschwächte Binnennachfrage in China, die auf einen deutlichen Abschwung im Wohnimmobiliensektor zurückgeht, durch höhere, subventionsgestützte Ausfuhren ausgeglichen wird; und (iii) ein adverses Szenario, das dem Abwärtsszenario ähnelt, aber davon ausgeht, dass alle Volkswirtschaften außer dem Euroraum den subventionierten Ausfuhren Chinas mit Handelsbeschränkungen gegen das Land entgegentreten. In diesem Szenario wäre der Euroraum der einzige große Markt, der noch für chinesische Exporte offen wäre. Diese Szenarien werden mit dem ECB-Global-Modell simuliert.
In den Szenarien stellen sich Ansteckungseffekte ein, durch die sich die Inflation über mehrere Kanäle von China auf den Euroraum und die Vereinigten Staaten überträgt. In allen betrachteten Szenarien üben die sinkenden Exportpreise Chinas mittels Endprodukten und Vorleistungsgütern einen direkten Abwärtsdruck auf die Importpreise im Euroraum und in den Vereinigten Staaten aus. Außerdem dämpfen sie über den Wettbewerbskanal die Auslandsnachfrage im Euroraum und in den Vereinigten Staaten, da die Handelspartner dieser beiden Wirtschaftsräume ihre Importnachfrage auf China umlenken. Darüber hinaus gibt es einen Kanal der Änderung der inländischen Ausgabenstruktur, bei dem inländische Verbraucher preisgünstigere Einfuhren aus China bevorzugen. Dadurch sinkt die Nachfrage nach Waren einheimischer Unternehmen weiter, und die Erzeugerpreise geraten unter Abwärtsdruck. Infolgedessen nimmt aufgrund der geringeren Arbeitsnachfrage und niedrigeren Löhnen auch der Abwärtsdruck auf die Inflation zu. Dies wirkt sich letztlich auch auf die Dienstleistungspreise aus. Veränderungen der Nachfrage nach Waren aus China würden sich zudem auf die globale Nachfrage und die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt auswirken, und auf diesem Wege auch die Inflation im Euroraum beeinflussen.
Im Aufwärtsszenario ergeben sich sowohl im Euroraum als auch in den Vereinigten Staaten positive, aber relativ gedämpfte Auswirkungen auf das BIP und die Inflation (Abbildung B). Hinsichtlich der Auswirkungen auf das BIP ist festzustellen, dass die nachteiligen Wettbewerbseffekte niedrigerer chinesischer Exportpreise, in deren Folge sich sowohl im Euroraum als auch in den Vereinigten Staaten Inlandsproduktion und Auslandsnachfrage verringern, durch eine höhere Nachfrage aus China ausgeglichen werden. Ebenso werden die Auswirkungen niedrigerer Importpreise für Industrieerzeugnisse ohne Energie durch höhere Ölpreise und eine stärkere Nachfrage wettgemacht (beides bedingt durch die stärkere Nachfrage Chinas). Die Ansteckungseffekte für die Inflation in den USA und im Euroraum fallen leicht positiv aus.
Abbildung B
Auswirkungen auf BIP und Inflation im Euroraum und in den USA
a) Reales BIP | b) Verbraucherpreise |
---|---|
Quelle: Berechnungen von Fachleuten der EZB anhand des ECB-Global-Modells.
Anmerkung: Im ECB-Global-Modell simulierte Szenarien mit exogener Geldpolitik in Bezug auf den Euroraum bzw. die USA.
Im Abwärtsszenario könnte es tatsächlich dazu kommen, dass China Disinflation exportiert (Abbildung C). In diesem Szenario, in dem sich die chinesische Wirtschaft in einem Abschwung befindet, wird der inflationsdämpfende Effekt der Exportsubventionen durch eine schwächere Weltkonjunktur und eine geringere Auslandsnachfrage in den Vereinigten Staaten und im Euroraum verstärkt. In den USA fällt der Rückgang der Auslandsnachfrage stärker aus. Grund ist, dass der US-Dollar in diesem Szenario aufwertet, da er vor dem Hintergrund des weltweiten Wirtschaftsabschwungs als sichere Anlage gilt. Der Auftrieb bei den Importpreisen ohne Öl geht in den Vereinigten Staaten um bis zu 70 Basispunkte zurück. Im Euroraum fällt der Rückgang etwas geringer aus (da die auf US-Dollar lautenden Importpreise gemessen in Euro weniger stark sinken). Die kombinierten Auswirkungen einer verringerten Nachfrage und niedrigerer Exportpreise in China üben sowohl im Euroraum als auch in den Vereinigten Staaten einen Abwärtsdruck auf das reale BIP und die Inflation aus. Die Auswirkungen, die sich daraus für das Wachstum im Euroraum ergeben, werden für 2025 auf 0,17 Prozentpunkte geschätzt und liegen damit nur leicht über der Schätzung für die Vereinigten Staaten, die 0,13 Prozentpunkte beträgt. Da die Exporte nach China für die Wirtschaft des Euroraums einen deutlich höheren Anteil des BIP ausmachen, könnte dies nahelegen, dass das BIP hier stärker in Mitleidenschaft gezogen wird als in den USA. Doch aus der Aufwertung des US-Dollars in diesem Szenario ergibt sich eine zusätzliche bremsende Wirkung auf die US-Produktion. Unter der Annahme einer exogenen Geldpolitik wäre die Teuerungsrate der Verbraucherpreise in beiden Wirtschaftsräumen 2025 rund 20 Basispunkte niedriger. Die Auswirkungen auf den Euroraum wären etwas stärker, sofern der Euro nicht abwertet.
Im adversen Szenario sind die negativen Auswirkungen auf den Euroraum am stärksten, und die Inflation sinkt um bis zu 40 Basispunkte. In diesem Szenario ergeben sich besonders schwerwiegende Auswirkungen, da sich die billigeren Exporte Chinas nur auf den Euroraum auswirken und so die heimische Produktion verdrängen. Auch für die Vereinigten Staaten ergeben sich negative Auswirkungen, da Handel in den Euroraum umgelenkt wird, wenn Letzterer von billigeren Vorleistungsgütern aus China profitiert. Derselbe Effekt trägt auch dazu bei, die negativen Auswirkungen billiger chinesischer Exporte auf das BIP im Euroraum zu dämpfen. In diesem Szenario geht die Teuerungsrate der Verbraucherpreise im Euroraum um nahezu 40 Basispunkte zurück.
Die Ansteckungsseffekte bei der Inflation werden vorwiegend über den Handelskanal übertragen, doch auch die Ölpreise spielen eine wichtige Rolle. Eine Aufschlüsselung der Inflationseffekte im Euroraum nach Übertragungskanälen zeigt, dass im Abwärtsszenario und im adversen Szenario Handelsbeziehungen eine große, Finanzbeziehungen hingegen eine weniger bedeutende Rolle spielen. Im Aufwärtsszenario steigt der Ölpreis gegenüber dem Basisszenario um 2,5 %, während er in den anderen beiden Szenarien in einer ähnlichen Größenordnung sinkt. Insgesamt haben die Veränderungen der Ölpreise mit 10 Basispunkten einen signifikanten Anteil an den Ansteckungseffekten bezüglich der Inflation im Euroraum.
Abbildung C
Aufschlüsselung der Auswirkungen auf den Gesamtanstieg der Verbraucherpreise im Euroraum
Kasten 3
Divergierende Entwicklungen der Produktivität im Euroraum und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft
Die Beschäftigung war 2023 im Verhältnis zur Produktion hoch und wurde durch mehrere zyklische Faktoren gestützt. In einem Umfeld, das von höheren Gewinnmargen, gedämpften Reallohnzuwächsen, einer dynamischen (auch durch Zuwanderung gestützten) Erwerbsbevölkerung und einem Rückgang der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden geprägt war, haben die Unternehmen Arbeitsplätze geschaffen oder zumindest nicht abgebaut. Diese Faktoren waren maßgeblich für das vergleichsweise kräftige Wachstum der Gesamtbeschäftigung im Zeitraum vom vierten Quartal 2022 bis zum vierten Quartal 2023. Legt man ein auf dem Okunschen Gesetz basierendes Modell zugrunde, so fiel die Beschäftigung höher aus, als aufgrund des Wachstums des realen BIP zu erwarten wäre. Im Gegenzug nahm die Arbeitsproduktivität im Jahr 2023 ab. Den Projektionen vom Juni 2024 zufolge fällt das Beschäftigungswachstum im ersten Quartal 2024 geringer aus, als aufgrund des Okunschen Gesetzes zu erwarten wäre.[9] Die Projektionen sehen eine allmähliche Rückkehr zur langfristigen Korrelation vor. Sie gehen also davon aus, dass sich die Produktivität mit einer Belebung des BIP-Wachstums verbessert. Ungeachtet dieser Verbesserung bleibt das Produktivitätswachstum im Basisszenario nach wie vor hinter den Erwartungen zurück, die sich aus dem durchschnittlichen BIP-Wachstum der letzten zwanzig Jahre ergeben. Im Basisszenario wird eine zyklische Belebung des Produktivitätswachstums vorausgesetzt. An sich könnte das Produktivitätswachstum jedoch auch durch Faktoren mit dauerhafterer Wirkung gebremst werden. Dies könnte zum Beispiel durch Hysterese-Effekte oder Verzögerungen beim digitalen und ökologischen Wandel geschehen. Es ist indes auch nicht ausgeschlossen, dass sich die Produktivität schneller erholt als derzeit vorausgesehen – beispielsweise dank künstlicher Intelligenz (KI).
In diesem Sinne wurden zwei Szenarien betrachtet, um gegenüber dem Basisszenario divergierende Entwicklungen der Arbeitsproduktivität zu beurteilen:
- In Szenario 1 wird für die Produktivität eine optimistischere Dynamik zugrunde gelegt als im Basisszenario. In diesem Szenario wird von einem rascheren Ausklingen früherer zyklischer Faktoren ausgegangen, die die Beschäftigung gestützt hatten- Hierzu zählen das Auslaufen des Hortens von Arbeitskräften und eine Reduzierung der Einstellungsanreize für Unternehmen. Dies führt zu einem schwächeren Beschäftigungswachstum über den Projektionszeitraum hinweg. Daher fällt die Arbeitsproduktivität höher aus als im Basisszenario der aktuellen Projektionen. Im Szenario 1 wird davon ausgegangen, dass das Beschäftigungswachstum im Verhältnis zum Wachstum des realen BIP gedämpft ausfällt. Diese Annahme dient zum Ausgleich des schwunghaften Beschäftigungswachstums, das seit Einsetzen der Erholung von der Pandemie zu beobachten ist. Gegenüber dem Basisszenario fällt die Beschäftigung in diesem Szenario über den Projektionszeitraum hinweg kumulativ um 0,5 Prozentpunkte geringer aus, während die trendmäßige Produktivität unverändert bleibt.
- Szenario 2 geht von einem pessimistischeren Ausblick aus. Es wird angenommen, dass strukturelle Faktoren die Kapital- und Gesamtfaktorproduktivität negativ beeinflussen. Dieses pessimistischere Szenario spiegelt die Möglichkeit wider, dass sich die Notwendigkeit einer Ausweitung der Produktionskapazitäten aufgrund von Hysterese-Effekten infolge einer schwachen Nachfrage verringert, der Kapitalstock also weniger stark wächst. Mögliche Gründe sind höhere Energiepreise oder geopolitischen Spannungen und daraus resultierende Lieferkettenengpässe. In diesem Szenario passen Unternehmen unter Umständen ihre Kapazitäten an und erhöhen ihren Kapitalstock langsamer. Auch andere strukturelle Faktoren könnten die trendmäßige Gesamtfaktorproduktivität beeinflussen. Beispielsweise ist es möglich, dass sich die produktivitätssteigernde Wirkung digitaler Technologien mit einer gewissen Verzögerung einstellt oder sich umweltpolitische Maßnahmen mittelfristig negativer auswirken, als im Basisszenario der Projektionen veranschlagt. Das Szenario geht davon aus, dass das Wachstum der trendmäßigen Produktion in den Jahren 2024, 2025 und 2026 jeweils um 0,4 Prozentpunkte geringer ausfällt als im Basisszenario. Daraus ergibt sich, dass die trendmäßige Produktion 2026 um 1,2 % unterhalb des im Basisszenario angenommenen Niveaus liegt. Damit sind der Kapitalstock und die trendmäßige Gesamtfaktorproduktivität geringer, die trendmäßige Beschäftigung hingegen bleibt unverändert. Folglich ist auch die trendmäßige Produktivität im Jahr 2026 um 1,2 % niedriger.
Tabelle A
Hauptmerkmale der Szenarien
(Abweichung vom Wachstum im Basisszenario in Prozentpunkten)
2024 | 2025 | 2026 | kumul. | |
---|---|---|---|---|
Szenario 1: Geringere Beschäftigung | 0,0 | -0,2 | -0,3 | -0,5 |
Szenario 2: Geringere trendmäßige Produktion | -0,4 | -0,4 | -0,4 | -1,2 |
Die Szenarien werden anhand des BASE-Modells der EZB und des neuen New-Area-Wide-Modells (NAWM) II ausgewertet, um eine Reihe möglicher gesamtwirtschaftlicher Folgen zu bewerten (Tabelle B). Szenario 1 wird mithilfe des BASE-Modells der EZB interpretiert. Die divergierende Entwicklung der Beschäftigung wird im Modell als negativer Arbeitsnachfrageschock implementiert. Dies kann auch als Auslaufen des Hortens von Arbeitskräften aufgefasst werden. Die pessimistischeren Aussichten für die Beschäftigung in Szenario 1 würden dazu führen, dass das reale BIP am Ende des Projektionszeitraums gegenüber dem Basisszenario kumulativ um 0,2 % geringer ist. Ursächlich hierfür ist der Rückgang von Einkommen und Produktion. Die Auswirkungen auf die HVPI-Inflation werden lediglich gering ausfallen. Szenario 2 wird zunächst über einen zusätzlichen negativen Arbeitsproduktivitätsschock in der Produktionsfunktion des BASE-Modells der EZB umgesetzt. Dadurch verringert sich die auf den Faktor Arbeit entfallende trendmäßige Produktion. In diesem Szenario fällt die Produktionslücke in den Jahren 2024 und 2025 weniger negativ aus als im Basisszenario. Im Jahr 2026 nimmt sie sogar einen positiven Wert an und erzeugt dadurch einen Aufwärtsdruck auf die Preise, da die Produktion an die verringerte Kapazität angepasst wird. Diesem Modell (Szenario 2a) zufolge liegt die HVPI-Inflation 2025 (2026) um 0,1 (0,2) Prozentpunkte oberhalb derjenigen des Basisszenarios, und das Wachstum des BIP fällt 2025 (2026) um 0,2 (0,3) Prozentpunkte geringer aus. Zur Prüfung der Robustheit wird Szenario 2 auch mit dem NAWM-II-Modell umgesetzt. Dabei wird ein vorübergehender Technologieschock (für die Gesamtfaktorproduktivität) zugrunde gelegt (Szenario 2b). In diesem Szenario beziehen die Akteure die niedrigere Gesamtfaktorproduktivität in ihre Entscheidungen ein. Daraus ergibt sich eine größere Auswirkung auf das BIP als in Szenario 2a, das mit dem BASE-Modell der EZB umgesetzt wurde. Die Inflationsergebnisse sind ähnlich wie in Szenario 2a, was auf die Preisrigiditäten im NAWM-II-Modell und die verzögerte Reaktion auf die Inflation zurückzuführen ist (Tabelle B). Sowohl in Szenario 2a als auch in Szenario 2b fällt die Beschäftigung ähnlich aus wie im Basisszenario.[10]
Insgesamt betrachtet bilden die beiden Szenarien potenzielle Risiken für die Basisprojektionen ab. Zwar ist diesen Szenarien keine Eintrittswahrscheinlichkeit zugewiesen, doch die Beschaffenheit der beiden potenziell unterschiedlichen Ergebnisse trägt dazu bei, die gesamtwirtschaftlichen Folgen verschiedener Entwicklungen der Arbeitsproduktivität zu verdeutlichen.[11]
Tabelle B
Auswirkungen auf makroökonomische Variablen
(Abweichung vom Wachstum im Basisszenario in Prozentpunkten)
| Wachstum des realen BIP | HVPI-Inflation | Ex post abgeleitete Arbeitsproduktivität | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | kumul. | 2024 | 2025 | 2026 | kumul. | 2024 | 2025 | 2026 | kumul. | ||
Szenario 1: BASE-Modell der EZB, Arbeitsnachfrageschock | 0,0 | -0,1 | -0,1 | -0,2 | 0,00 | 0,00 | -0,01 | -0,02 | 0,0 | 0,2 | 0,1 | 0,3 | |
Szenario 2a: BASE-Modell der EZB, Produktivitätsschock | 0,0 | -0,2 | -0,3 | -0,5 | 0,01 | 0,08 | 0,17 | 0,25 | -0,1 | -0,2 | -0,3 | -0,6 | |
Szenario 2b: NAWM-II-Modell, vorübergehender Technologieschock | -0,1 | -0,3 | -0,4 | -0,9 | 0,03 | 0,11 | 0,16 | 0,30 | -0,2 | -0,4 | -0,5 | -1,1 |
Anmerkung: Bei der Simulation mit dem BASE-Modell der EZB wurden die Werte des Basisszenarios für die Fiskal- und Geldpolitik sowie für die Wechselkurse und die Spreads unverändert beibehalten. Als Bedingung für die Modellsimulation diente für Szenario 1 die Entwicklung der Beschäftigung und für Szenario 2a die trendmäßige Produktion, an die sich die (Arbeits-)Produktivität der Produktionsfunktion anpasste. Im Vergleich zum Basisszenario lässt die Verschiebung der trendmäßigen Produktion das Maß der Unterauslastung wachsen und die Preise entsprechend der durch die Phillips-Kurve beschriebenen Korrelation steigen. Zudem impliziert eine geringere trendmäßige Produktion, dass der Zielwert für den Reallohn nach unten korrigiert wird und die Reallöhne (sowie die Nominallöhne) sinken. Die Lohnanpassungen wiederum ziehen endogen eine höhere Beschäftigung nach sich. Mit gewisser Verzögerung führt die niedrigere trendmäßige Produktion letztlich zu einem Rückgang von Produktion und Ausgaben. Szenario 2b wurde mit dem NAWM-II-Modell simuliert. Es beinhaltet unerwartete Erschütterungen durch einen vorübergehenden Technologieschock. In der Folge steigen die kurzfristigen Zinssätze. Ein geringerer vorübergehender Technologieschock löst einen Anstieg der Grenzkosten aus und treibt damit die Inlandspreise in die Höhe. Da sich die Binnennachfrage nur zögerlich an den Angebotsrückgang anpasst, steigen sowohl die Beschäftigung als auch die Nominallöhne. Gleichzeitig führt die durch die höheren Zinssätze verursachte Aufwertung der Währung dazu, dass die Importpreise sinken und somit die Verbraucherpreise weniger stark ansteigen als die Inlandspreise. Die ex post abgeleitete Arbeitsproduktivität ist der Quotient aus dem realen BIP und der Beschäftigung im Szenario, d. h. sie gibt den Zustand nach den endogenen Anpassungen durch die Modelle wieder.
Kasten 4
Vergleich mit Prognosen anderer Institutionen und des privaten Sektors
Mit Ausnahme der Gesamtinflation im Jahr 2026 liegen die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen vom Juni 2024 im Allgemeinen am oberen Ende oder leicht oberhalb der Bandbreite anderer Prognosen. Für die Jahre 2024 und 2026 weisen die Projektionen ein etwas stärkeres Wachstum aus als die Prognosen anderer öffentlicher Institutionen und die Umfrageergebnisse privater Prognoseunternehmen. Für 2025 hingegen entsprechen die Projektionen in etwa dem Durchschnitt anderer verfügbarer Prognosen. In Bezug auf die HVPI-Inflation liegen die Projektionen von Fachleuten des Eurosystems für 2024 oberhalb der meisten anderen Prognosen. Dies dürfte in einigen Fällen auf aktuellere Daten zu den Energiepreisen zurückzuführen sein. Für 2025 wird sie – wie auch in der jüngsten OECD-Prognose – am oberen Rand eines recht engen Bandbreite verortet. Für 2026 weicht die von Fachleuten des Eurosystems projizierte Inflation mit 1,9 % als einzige von 2,0 % ab. Bei der HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel liegen die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen für die Jahre 2024 und 2025 leicht oberhalb der schmalen Bandbreite, in der sich andere Prognosen bewegen.
Tabelle
Vergleich der jüngsten Prognosen zum Wachstum des realen BIP, zur HVPI-Inflation und zur HVPI-Inflation ohne Nahrungsmittel und Energie im Euroraum
(Veränderungen gegen Vorjahr in %)
| Datum der Veröffentlichung | BIP-Wachstum | HVPI-Inflation | HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | 2024 | 2025 | 2026 | ||
Eurosystem-Projektionen | Juni 2024 | 0,9 | 1,4 | 1,6 | 2,5 | 2,2 | 1,9 | 2,8 | 2,2 | 2,0 |
Consensus Economics | Mai 2024 | 0,6 | 1,4 | 1,5 | 2,3 | 1,9 | 2,0 | 2,6 | 2,1 | – |
Europäische Kommission | Mai 2024 | 0,8 | 1,4 | – | 2,5 | 2,1 | – | 2,7 | 2,1 | – |
OECD | Mai 2024 | 0,7 | 1,5 | – | 2,3 | 2,2 | – | 2,6 | 2,1 | – |
IWF | April 2024 | 0,8 | 1,5 | 1,4 | 2,4 | 2,1 | 2,0 | – | – | – |
Survey of Professional Forecasters | April 2024 | 0,5 | 1,4 | 1,4 | 2,4 | 2,0 | 2,0 | 2,6 | 2,1 | 2,0 |
Quellen: Prognose von Consensus Economics, 16. Mai 2024 (die Daten für 2026 stammen aus der Umfrage vom April 2024); Europäische Kommission, Konjunkturprognose vom Frühjahr 2024, 15. Mai 2024; OECD Economic Outlook, 2. Mai 2024; IWF, World Economic Outlook, 16. April 2024; EZB, Survey of Professional Forecasters, 12. April 2024.
Anmerkung: Diese Prognosen sind untereinander bzw. mit den Projektionen des Eurosystems nicht direkt vergleichbar, da sie zu verschiedenen Zeitpunkten fertiggestellt wurden. Darüber hinaus werden darin unterschiedliche Methoden zur Ableitung von Annahmen über fiskalische, finanzpolitische und außenwirtschaftliche Variablen (einschließlich Öl-, Gas- und sonstiger Rohstoffpreise) verwendet. Die von Fachleuten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen verwenden arbeitstäglich bereinigte Jahreswachstumsraten für das reale BIP, während die Europäische Kommission und der IWF jährliche Zuwachsraten heranziehen, die nicht um die Zahl der Arbeitstage pro Jahr bereinigt wurden. Andere Prognosen enthalten keine Angaben dazu, ob arbeitstäglich bereinigte oder nicht arbeitstäglich bereinigte Daten ausgewiesen werden.
© Europäische Zentralbank, 2024
Postanschrift 60640 Frankfurt am Main, Deutschland
Telefon +49 69 1344 0
Website www.ecb.europa.eu
Alle Rechte vorbehalten. Die Anfertigung von Fotokopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist mit Quellenangabe gestattet.
Informationen zur Fachterminologie finden sich im EZB-Glossar (nur auf Englisch verfügbar).
HTML ISBN 978-92-899-6583-5, ISSN 2529-4652, doi:10.2866/766157, QB-CF-24-001-DE-Q
Redaktionsschluss für die Aktualisierung der technischen Annahmen war der 15. Mai 2024. Die Projektionen für die Weltwirtschaft wurden am 16. Mai und die gesamtwirtschaftlichen Projektionen für den Euroraum am 22. Mai fertiggestellt. Am 31. Mai veröffentlichte Eurostat die Schnellschätzung für die HVPI-Inflation im Euroraum. Diese Schätzung stimmte vollständig mit der Gesamtinflation überein, die in den vorliegenden Projektionen von Fachleuten des Eurosystems erwartet wird. Die aktuellen Projektionen beziehen sich auf den Zeitraum 2024 bis 2026. Bei ihrer Interpretation ist zu berücksichtigen, dass Projektionen für einen so langen Zeitraum mit sehr großer Unsicherheit behaftet sind. Siehe hierzu auch EZB, Prognosegüte der gesamtwirtschaftlichen Projektionen von Experten des Eurosystems und der EZB seit der Finanzkrise, Wirtschaftsbericht 8/2019. Die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB enthält alle bislang veröffentlichten gesamtwirtschaftlichen Projektionen der Fachleute der EZB und des Eurosystems. In dieser Datenbank sind zahlreiche Variablen hinterlegt, die vierteljährlich aktualisiert werden.
Verweise auf weltweite und/oder globale Aggregate von Konjunkturindikatoren in diesem Abschnitt schließen den Euroraum nicht ein.
Eurostat veröffentlicht seine erste Aufschlüsselung des Wachstums des realen BIP im ersten Quartal 2024 erst nach Fertigstellung der Projektionen vom Juni 2024. Die hier genannte Aufschlüsselung basiert auf vorläufigen Informationen aus einigen Ländern des Euroraums und Schätzungen von Fachleuten des Eurosystems.
Schätzungen dieser Auswirkungen sind mit erheblicher Unsicherheit behaftet; siehe EZB, Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen der geldpolitischen Straffung der EZB seit Dezember 2021: eine modellbasierte Auswertung, Kasten 6, Wirtschaftsbericht 3/2023.
Siehe O. Arce und D. Sondermann, Low for long? Reasons for the recent decline in productivity, EZB-Blog, 6. Mai 2024.
Der finanzpolitische Kurs im Euroraum ist definiert als Veränderung des konjunkturbereinigten Primärsaldos, wobei die Zahlen auf der Einnahmenseite um Zuschüsse aus dem Programm Next Generation EU (NGEU) bereinigt sind (siehe Anmerkungen zu Table 4).
Siehe auch EZB, Assessing the macroeconomic effects of climate change transition policies, Kasten 4, Wirtschaftsbericht 1/2024.
Die verwendeten Marktpreise sind die am 15. Mai 2024 (Stichtag für die technischen Annahmen) geltenden Preise.
Die vom Okunschen Gesetz postulierte Korrelation wird mithilfe eines Autoregressive-Distributed-Lag-Modells (ARDL (1,1)) geschätzt. Dabei wird im zweiten und dritten Quartal 2020, die besonders stark von der Pandemie betroffen waren, ein Platzhalter eingesetzt, um die starken pandemiebedingten Schwankungen auszuklammern.
Aufgrund der verzögerten Reaktion der Inlandsnachfrage auf den Angebotsrückgang steigen sowohl die Beschäftigung als auch die Nominallöhne.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Modelle symmetrisch auf positive und negative Schocks reagieren. Auf ein Szenario, das der Beschreibung im Kasten entgegengesetzt ist, würden sie demnach mit Ergebnissen reagieren, die zu den hier beschriebenen Ergebnissen symmetrisch sind.
- 14 June 2024
- 20 June 2024